Die Hauptstadt von Kroatien wird meiner Meinung nach total unterschätzt. Es gibt zwar nicht massenhaft Sehenswürdigkeiten, dafür aber eine angenehme Atmosphäre in einer sauberen und sehr lebhaften Stadt.
Ich komme erst ziemlich spät Abends am Hauptbahnhof in Zagreb an, trotzdem ist die Stadt bevölkert wie zur Rush Hour. Verglichen mit Ljubljana merkt man deutlich: Das hier ist eine Hauptstadt. Die Strassen sind breit und die Häuser klotzig gebaut. Im Herzen der Stadt befindet sich der grosse Ban-Jelačić-Platz mit Ban-Jelačić persönlich auf einem Ross, den Säbel gegen Budapest gerichtet, als Statue in der Mitte. Trams fahren regelmässig und geben der Stadt zusätzlich einen geschäftigen Touch.
Am nächsten Morgen stehe ich früh auf und mache einen Stadtrundgang. Dass die Bewohner von Zagreb eher Nachteulen sind, sehe ich jetzt deutlich. Auf dem Dolac Markt werden jetzt gemütlich die ersten Orangen und Lavendel Seifen ausgebreitet. Eine Strasse weiter steht die Katedrala Marijina Uznesenja, die von asiatischen Touristen schon heftig fotografiert wird. Leider ist ein Turm der Kathedrale abgedeckt, weil irgendwelche Arbeiten daran stattfinden. Laut meinem Reiseführer ist dies allerdings schon ewigs so, und die Renovierung kommt kaum voran. Sogar auf Postkarten sehe ich das Bauwerk halb bedeckt.
Sowohl der Markt als auch die Kathedrale befinden sich im höher gelegenen Teil der Stadt. Wer nicht laufen möchte kann auch eine kleine Standseilbahn nehmen, welche direkt zu einer schönen Aussichtsplattform führt. Hier oben befindet sich auch die Thomas Kirche, deren Dächer farbig dekoriert sind. Weil es Sonntag Morgen ist, findet gerade eine Messe statt, die ich so diskret wie möglich besuche. Auch hier fällt mir wieder auf, welch hohen Stellenwert die Religion im Balkan hat. Die Ränge sind bis auf den letzten Platz gefüllt, sodass Spätgekommene hinten stehen bleiben. Ausserdem singt jeder aus voller Brust, sobald der Pfarrer ein Lied anstimmt. In einer besonders lauten Minute schleiche ich mich wieder aus der Kirche und spaziere weiter durch die Altstadt.
Nach ein paar Metern kommt mir ein Mann mit elegantem braunen Mantel entgegen, der ein Mädchen mit zwei blonden Zöpfen an der Hand führt. Weiter die Strasse runter steht links ein kleiner Oldtimer und ein alter Mann der sich auf ein altmodisches Fahrrad stützt. Ich komme mir vor als wäre ich plötzlich in einem anderen Jahrhundert. Natürlich bedeutet "Altstadt" nicht, dass hier die Zeit stehen geblieben ist. Ich bin mitten in ein Filmset gelaufen. Hier bleibe ich eine Weile und schaue bei den Dreharbeiten zu. Akcija!
Zagreb hat mir bis jetzt auf meiner Balkan Reise am besten gefallen. Es hat schöne Parks und eine angenehme Wohnatmosphäre. Und wo ich mich in Ljubljana noch über das lahme Nachleben beschwert habe, besteht hier überhaupt kein Grund mehr dazu. Zagrebs Clubs werden zwar erst spät voll, sind aber spätestens ab 01.00 Uhr absolut grossartig.
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