Sonntag, 23. April 2017

Ganz allein in Podgorica Montenegro

Über eine kleine Brücke zwischen den Felsen komme ich nach Montenegro. Schon das fünfte Land auf meiner Reise. Die letzten Stunden Busfahrt waren ein echtes Abenteuer. Um von Bosnien hierher zu gelangen nehmen wir eine schmale, schlammige Strasse die sich entlang des grünen Tara Flusses über duzende Abgründe schlängelt. Links und rechts sind wir eingekesselt von kohlenschwarzen Bergen, die dem Land wohl den Namen verleihen. Kurz bevor wir mein Ziel, Podgorica erreichen, macht der Busfahrer auf einer Passhöhe nochmal Halt. Er verschwindet schnell in einem kleinen Restaurant und ich warte allein neben dem Bus. Ständig laufen irgendwelche komischen Gestalten vorbei und merken sofort, dass ich Ausländer bin. Die Situation wird mir echt langsam unheimlich und auch die Kälte verdirbt mir die Laune. Ich bin froh, als es schliesslich weitergeht.
Am späteren Abend stehe ich endlich an der Bushaltestelle von Podgorica. Pod- was? Podgorica, früher Titograd, ist seit 2006 die Hauptstadt von Montenegro und wohl eine der schwächsten besuchten in Europa. Auf meiner Reise hierher habe ich bis jetzt nur Schlechtes von Podgorica gehört: "Nichts zu sehen", "Hässlich" usw. Für mich ist die Stadt aber ein gut gelegener Zwischenstopp und Ausflugsstartpunkt für Kotor. Auch heute gehe ich wieder zu Fuss zu meinem Hostel, obwohl Taxifahrer abzuwimmeln mit jedem Kilometer den ich Richtung Süden mache schwieriger wird.







Nach dem langen Reisetag komme ich total müde an dem menschenleeren Hostel, einem kleinen Bungalow, an. Leider ist sogar der Garten von einem Zaun umgeben, sodass es für mich unmöglich ist, klingeln zu gehen. Die Nachbarn scheinen zwar zu Hause zu sein, aber die Tür möchte mir trotzdem niemand öffnen. Ich befinde mich also wieder in einer unangenehmen Situation: Mit meinem grossen Rucksack stehe ich neben alten Bahngleisen und muss wohl oder übel mein Daten Roaming benutzen um die Nummer des Besitzers herauszufinden. Glücklicherweise ist dieser erreichbar und kommt persönlich vorbei. Das Bungalow gehört mir heute ganz allein, mit Küche, zwei Schlafzimmern und einem Fernsehraum. Ein Luxus auf den ich heute Nacht hätte verzichten können.


Meine kleine Küche


Am nächsten Morgen kommt der Besitzer nochmal vorbei und nennt mir die Highlights der Stadt. Ich spaziere aber auch heute einfach wieder drauf los und schaue was mir Podgorica von sich zeigen möchte.

Der ältere Teil von Podgorica wirkt total authentisch und überhaupt nicht inszeniert wie in anderen Städten. Ich komme mir vor, als wäre ich der erste Tourist, der je an diesen Steinhäuschen und den kleinen Vorgärten vorbeiläuft. Deshalb mustern mich die Bewohner wohl mit einem irritierten und fragenden Blick. Diese zwei Kleinen hatten allerdings keine Berührungsängste.








Über die Millenium Brücke komme ich in den hippen Teil von Podgorica. Die Brücke ist für die Stadt ein Symbol des Aufschwungs Montenegros und sieht wirklich gut gelungen und chic aus. Auf der anderen Seite erwarten mich bunte und saubere Strassen.







Und dann plötzlich wieder das totale Gegenteil: Von einer Minute zur Nächsten verwandeln sich die farbigen Steinhäuser in schmutzige Blöcke, die ehrfürchtig einen Kreis um die imposante Auferstehungskirche schliessen. Die Kathedrale der Auferstehung Christi ist 36 Meter hoch und dominiert damit diesen Stadtteil. An diesem wahnsinnigen Bauwerk wurde 10 Jahre gebaut, was es ohne Zweifel zum grossen Stolz der Stadt macht.










Am Abend komme ich zurück in das kleine Stadtzentrum von Podgorica, welches sich wirklich schwer damit tut, Stellung zu beziehen, ob es nun zu dem modernen oder alten Montenegro gehören möchte. Der Brunnen auf dem zentralen Platz Trg Republike ist vom Eingang des Hilton genauso schnell erreicht wie von dem heruntergekommenen Supermarkt für Einheimische. Vielleicht macht aber genau das ein perfektes Stadtzentrum aus: Ein Ort an dem alle Seiten der Stadt zusammenkommen.







Nur wenige Touristen nehmen den Weg nach Podgorica auf sich, um Sightseeing in dieser Stadt zu machen. Und ganz ehrlich: zu Recht. Da ich aber ohne grosse Erwartungen hierher gekommen bin, kann ich auch ohne grosse Enttäuschung wieder abreisen. Mein eigenes gespenstisches Bungalow werde ich aber nie vergessen.







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